Hej,
am dritten Tag der Lapplandreise hatten wir Glück, da das Wetter mitspielte und wir einen Trip über die schwedisch-norwegische Grenze nach Narvik machen konnten. Da es für diese Route nur eine Gebirgsstraße gibt, die nachts und bei schlechtem Wetter (Schneesturm etc., das übliche halt) geschlossen wird, ist die Möglichkeit der Reise immer wetterabhängig und wir mussten uns bereits um 14 Uhr auf den Rückweg machen, um nicht in Norwegen festzusitzen.
Jetzt aber von Anfang an: Um 10 Uhr ging es los auf die ca. zweistündige Fahrt, die ich mit aus dem Fenster sehen, die wunderschöne Landschaft bewundern und Tiere im Wald zu erspähen versuchen verbracht habe. Nebenbei erzählte uns Amber noch einige interessante (wenn auch nicht besonders heitere) Fakten zur Geschichte Narviks: So war die Stadt während des Zweiten Weltkriegs fest in Nazi-Hand und mit ihrem Hafen wichtiger Exportpunkt des Eisens, das aus der Mine in Kiruna gewonnen wurde sowie Schauplatz zahlreicher Seeschlachten. Besagte Gebirgsstraße wurde von osteuropäischen Kriegsgefangenen unter schlimmsten (Wetter-)Bedingungen gebaut, woran ein Denkmal kurz vor der norwegischen Grenze, das der erschreckenden Opferzahl gedenkt, erinnert.
Kurz vor der Ankunft hielten wir noch an einem beeindruckenden Fjord, um Fotos zu machen und zu versuchen, mit ins Wasser geworfenen Steinen Orcas anzulocken (die laut Amber in den letzten Jahren um diese Jahreszeit zahlreich in eben diesem Fjord vertreten waren und durch das Geräusch neugierig werden und angeschwommen kommen) - leider ohne Erfolg (leider habe ich noch nie einen Orca gesehen, und da mich keine zehn Pferde dazu bringen können, mir so ein armes Geschöpf in einem SeaWorld anzusehen, wird es wohl ein „Wilder“ sein – da Orcas aber nicht gerade Kuscheltiere sind, hätte es mir von außerhalb des Wassers ganz gut gepasst).
Außerdem kamen wir an einer unfertigen Brücke über einen riesigen Fjord vorbei, deren erwartete Bauzeit von 5 auf 17 Jahre gestiegen ist, als festgestellt wurde, dass auf dem Grund des Fjords nicht weniger als 40 Schiffe und 26 Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg, teilweise mit noch funktionstüchtigen Bomben, liegen.
Bei der Ankunft um die Mittagszeit fluteten wir als erstes in eine kleine Fischhalle, die uns empfohlen wurde (als unsere Gruppe von etwa 40 Leuten das Geschäft betrat, nahm der Verkäufer erst einmal eine Sammelbestellung auf und der Koch steckte völlig verdutzt den Kopf aus der Küche :D).
Ich habe Fish & Chips mit sehr, sehr leckerem frischem Fisch probiert. Da in Norwegen auch kommerzieller Walfang betrieben wird, wird dort auch ganz normal Walfleisch, in diesem Fall in Form von Wal-Burgern, verkauft – da die absolute Mehrheit der Gruppe sich aber strikt dagegen ausgesprochen hat, kauften nur zwei der Jungs einen solchen Burger und waren auch alles andere als begeistert vom anscheinend einfach nur stark fischigen Geschmack des Fleischs.
Danach machten wir noch einen kurzen Spaziergang durchs kleine Stadtzentrum und ein paar Souvenirshops und da nicht mehr genug Zeit fürs empfohlene Kriegsmuseum blieb, fuhren wir in die Rooftop Bar im 17. Stock des Scandic Hotels, von der aus man einen tollen Panoramablick über die Stadt und das Meer hat, und gönnten uns eine heiße Schokolade.
Danach ging es wie gesagt wegen der Straßenschließung direkt wieder auf den Heimweg – das sollte aber noch nicht alles für den Tag sein.
Nach kurzem Ausruhen und Abendessen im Hostel ging es nämlich in die (leider einen 20-minütigen Fußmarsch durch den kalten, dunklen Wald entfernten) Sauna. Als wir es uns bequem gemacht hatten, machte uns Amber mit den drei Kriterien für eine echte schwedische Sauna vertraut: erstens muss das Gebäude (das übrigens innerhalb der letzten 10 Jahre komischerweise dreimal abgebrannt ist) ausnahmslos aus Holz bestehen, zweitens muss es direkt an einem natürlichen Gewässer (in unserem Fall ein riesiger See) liegen und drittens muss immer die Möglichkeit zur Abkühlung (beispielsweise durch besagtes Gewässer oder Schnee) bestehen.
Kriterium 1
Kriterium 2 & 3
Das dritte Kriterium war bei uns bei -15° Außentemperatur ohne Zweifel erfüllt, aber damit es nicht langweilig wird, war im See ca. 20 Meter vom Ufer entfernt ein Eisloch gebohrt worden, wo man dann nach einiger Zeit in der Sauna gemütlich eintauchen konnte (haha) – natürlich optional.
Man stelle sich das ganze noch nachts - also pechschwarzes Wasser - vor.
Nach einigem Überlegen fasste ich tatsächlich (als weibliche Vorreiterin unserer Gruppe) den Entschluss, den (nicht vorhandenen) „Einmal im Leben so ein blöden ****** machen und in einen stockdunklen, eiskalten See springen“-Punkt meiner Bucketlist abzuhaken.
Amber hatte uns vorher die Regeln erklärt:
1) Immer zu zweit/dritt gehen, da es alleine zu gefährlich ist (Kreislaufkollaps etc) und man bei zu vielen Leuten zu lange in der Kälte warten muss.
2) Niemals mit dem Kopf untertauchen (wär ich auch nicht drauf gekommen).
3) Nur mit Flip-Flops/Socken loslaufen, da man sich sonst die Füße am Eis aufschneidet, was man draußen wegen der Kälte nicht spürt, was aber danach in der Wärme der Sauna so richtig schön blutet.
Also habe ich mich entschlossen, die Zähne zusammenzubeißen, mir dicke Baumwollsocken angezogen und bin mit zwei der deutschen Jungs los.
Erster Gedanke nach dem Aufmachen der Saunatür (von 70° zu -15°): „Was hab ich mir dabei nochmal gedacht?“
Phase 1: Hinlaufen zum Eisloch. Wenn man mal rennt, gar nicht so schlimm wie erwartet, da der Körper von der Sauna noch aufgeheizt ist. Schlimm wird dann das Warten vor dem stockdunklen Eisloch, während man es nochmal mit einer Schaufel aufbricht (es friert sofort wieder zu), da auf so einem offenen See auch gut Wind geht.
Phase 2: Rein ins Eisloch. Wenn man nicht nachdenkt (mach ich eh selten) und sich überwindet in ein pechschwarzes Loch mit -4° kaltem Wasser (das gibt es :D) zu springen, auch gar nicht mal so schlimm (man ist eh so schnell wieder draußen, dass man die Kälte nicht merkt). Das Rausklettern ist allerdings blöd, da das Eis ziemlich rutschig ist (habe jetzt noch blaue Knie / Schienbeine) und einen der Gedanke „Ich komme nicht mehr raus und sterbe!“ begleitet :D.
Phase 3: Zurück zur Sauna rennen. DIE HÖLLE. Klatschnass durch den eiskalten Wind zu laufen war wirklich der allerschlimmste Teil, da man echt das Gefühl hat, man wird im Windkanal schockgefrostet. Da man aber eh auf dem Rückweg ist, bleibt einem nicht viel anderes übrig als weiterzulaufen :D.
Wenn man erstmal wieder in der Sauna ist, die gefrorenen Socken ausgezogen hat und ein bisschen aufgewärmt ist, ist das Gefühl, es wirklich gemacht zu haben, aber unglaublich toll :) (einmal reicht aber trotzdem :D).
Einige Zeit später sind wir nochmal raus und sind in den Schnee gesprungen, was eigentlich die mildere Variante sein soll, die ich aber irgendwie viel schlimmer fand als das Eisloch.
Danach ging es erst einmal zurück ins Hostel, wo ich mich ein bisschen ausgeruht und zu Abend gegessen habe, bevor es in der Nacht wieder auf die Jagd nach Nordlichtern ging.
Um Mitternacht hatten wir schließlich noch einmal richtig viel Glück und sahen eine wirklich tolle Vorstellung mit grün leuchtenden, sich schnell bewegenden, stärker und schwächer werdenden und tanzenden Lichtern (wobei man realistischerweise zugeben muss, dass das menschliche Auge die grüne Farbe nie so scheinend sieht wie auf den Fotos).
Nach diesem beeindruckenden Naturschauspiel gingen wir alle erschöpft, aber sehr zufrieden ins Bett.
Hejdå!
