Unterwegs mit Mexikanern, Kenianern, Kolumbianern
Am Samstag wurde also das erste Mal das Nachtleben von Guanajuato ausgetestet. Um 22h war ich mit Adolpho, seiner mexikanischen Freundin Diana und deren Freundinnen, Jorge (einem Mitstudenten aus Ruanda) und Eugenios Kolumbianer-WG am Jardín de la Union (das ist der Garten am Theater, dessen Namen ich vergessen hatte) verabredet. Zwei positive Eindrücke gleich vorweg:
1. Die Innenstadt von Guanajuato bei Nacht ist wirklich unglaublich sehens- und erlebenswert. Überall gibt es Künstler und Straßenbands (natürlich Mariachis), Essensstände und Attraktionen. Die Atmosphäre ist gleichzeitig fröhlich-ausgelassen voller feierwütiger junger Leute als auch irgendwie friedlich-entspannt voller Familien mit spielenden Kindern.
2. Man hatte mich ja vorgewarnt, dass die deutsche Auffassung von Uhrzeiten und Pünktlichkeit in Lateinamerika eher auf wenig Verständnis stoßen würde. Bisher muss ich allerdings sagen, dass noch nie jemand zu einer Verabredung auch nur eine Minute zu spät gekommen ist (mit Ausnahmen wegen Stau, dabei wurde sich aber sofort gemeldet und eine Verspätung mit exakter Minutenzahl angekündigt). Auch gestern war es so, dass mich um 5 vor 10 bereits die versammelte Truppe erwartete (geduldig – denn das stimmt über die Mexikaner: nie hat jemand sichtbar Eile oder ist ungeduldig, und es wird sich natürlich auch gern die Zeit genommen, mir als Ausländerin alles dreimal zu erklären).
Zuerst waren wir zur Stärkung noch ein paar Tacos essen (Tacos sind hier das was man bei uns glaube ich Tortilla nennt – die kleinen runden Maismehl- oder Weizenfladen zum Füllen) – sehr lecker! Danach ging es in eine Art Tanzbar - sah ähnlich aus wie ein Nachtclub in Deutschland mit Tanzfläche, Bar und Sitzgelegenheiten, war aber deutlich sauberer und die Leute waren relativ nüchterner und trotz Alkohol ausnahmslos ausgelassen und freundlich. Dort wurde erstmal eimerweise Bier bestellt (also Eimer mit Flaschen drin ;-)), wobei mexikanisches Bier sich durch einen Alkoholgehalt von maximal 4,5% (mit Ausnahme seltener Marken) und einen Beigeschmack von „Wir-haben-hier-was-reingemischt-was-in-Bier-nichts-zu-suchen-hat-um-einen-besonderen-Geschmack-zu-kreieren“ auszeichnet (und falls das jetzt zweideutig klang – ich meine bei der Herstellung wurden legale Substanzen hinzufügt). Getanzt wurde natürlich auch, aber ausnahmslos in Paaren nach Aufforderung des Mannes und hauptsächlich zu Charthits-Covern mit Salsa-, Cumbia-, Banda- und Reggaetón-Rhythmus. Da ich ja normalerweise nicht der allerbegeistertste Tänzer bin und den Gedanken, mich zwischen lauter Latinas, die im Gegensatz zu mir nicht gerade die Steifhüftigkeit mit der Muttermilch aufgesogen haben, wiederzufinden, etwas beängstigend fand, habe ich die ersten zwei (oder drei) Bier erstmal beobachtend verbracht.
Danach ging es dann doch auf die Tanzfläche – und ich muss sagen, es hat wirklich total Spaß gemacht und ich habe mich glaube ich nicht mal allzu schlecht angestellt (ich habe weder mich noch Umstehende schwerverletzt und sogar immer Lob von meinen Tanzpartnern bekommen – die mich auch alle mehr als einmal aufgefordert haben, ich glaube das ist ein gutes Zeichen :D). An dieser Stelle vielen Dank an meinen mexikanischen Tandem-Partner Jesús, der mich letztes Semester zu einem Salsa-Kurs überredet hat :D.
Naja und so wurde getanzt, getrunken, viel Spanisch geredet (wobei Alkohol gleichzeitig hilfreich und unglaublich unhilfreich sein kann :D) und plötzlich war es auch schon fünf Uhr morgens - ihr kennt das.
Was ich dann noch ziemlich beeindruckend fand, ist die Hilfsbereitschaft und die Auffassung von „aufeinander aufpassen“ hier (wobei ich ja keinen aus der Gruppe länger als eine Woche kenne). Wie ich es bisher mitbekommen habe braucht man sich hier als Frau, gerade nachts und in „abgelegeneren“ Ecken, überhaupt keine Sorgen machen, solang man in einer Gruppe mit Männern unterwegs ist - aber eben nur ganz genau so lang. Deswegen war es völlig selbstverständlich, dass zwei der Kolumbianer mich ab der Bar (die ziemlich genau neben ihrer Wohnung war) um fünf Uhr morgens durch die halbe Stadt zu einem Taxi begleiteten, mit mir im Taxi nach Hause fuhren (wie gesagt wohne ich zurzeit bei der Uni ziemlich außerhalb der Stadt), mich vom Taxi zur Haustür brachten und erst als ich bestätigt hatte, sicher in meinem Zimmer angekommen zu sein, den ganzen Weg wieder zurückfuhren.
(Das soll jetzt wirklich keineswegs so klingen, als ob man sich in Deutschland unter Freunden nicht helfen oder sich gegenseitig einfach irgendwo stehen lassen würde, aber die Selbstlosigkeit der Hilfsbereitschaft hat doch ein anderes Ausmaß. Auch soll es nicht heißen, dass hier hinter jeder Hausecke eine Gefahr lauern würde, aber das Bewusstsein, dass eben schon etwas passieren kann, ist einfach präsenter als in Deutschland.)
Auf jeden Fall war es ein sehr schöner, in vieler Hinsicht aufschlussreicher und bald wiederholungsbedürftiger Abend :) .
Heute (Sonntag) werde ich mich noch einmal gut ausschlafen und intravenös Kaffee, Cola und (da es hier keine Salzbrezeln gibt) Tacos konsumieren, damit ich morgen fit und gestärkt in den ersten Uni-Kurs starten kann!
Hasta luego!
aceofspades am 10. August 15
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Erste Fotos!
Es ist ja allgemein bekannt, dass ich der schlechteste Fotograf überhaupt bin, der
1. Sowieso nie eine Kamera dabei hat oder daran denkt, Bilder zu machen &
2. Wenn er mal ein Bild macht, die halbe Linse mit dem Finger verdeckt.
Trotzdem kommt hier mal ein erster Probedurchgang (sind wirklich nicht viele oder gute, ich weiß):
Ein paar Eindrücke aus dem Flugzeug:

Und ein paar Bilder vom CIMATEL, dem Ausblick über Guanajuato vom CIMAT aus und der Universidad de Guanajuato

Ich verspreche, mich zu bessern und in Zukunft mehr und interessantere Fotos zu machen :D
Hasta luego!
aceofspades am 08. August 15
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Tequila
Der Versuch mit dem Tequila und dem Bier wurde spontan doch schon auf gestern vorverlegt, getarnt wurde das Ganze unter dem Namen „Pizza essen“. Tatsächlich wurde ich in das Haus eines Freundes meiner Uni-Freunde eingeladen, um dort bei einer kleinen Abschiedsfeier (für andere Austauschstudenten, die die Heimreise antreten) dabei zu sein. Es gab sehr leckere Pizza (mit Salsa-Sauce zum Dippen), einen PC mit YouTube, an dem die Gäste der Reihe nach Lieder aussuchen durften (und anscheinend fühlte sich jeder durch meine Anwesenheit genötigt, Nena oder Rammstein vorzuschlagen :D) und meinen ersten mexikanischen Tequila. Zunächst hat mich etwas verwundert, dass Tequila hier als Mischung mit einer Art Sprite getrunken wird, aber nachdem alle Anwesenden nach einem abschließenden Tequila-Shot plötzlich ziemlich betrunken waren, war mir auch klar warum. Außerdem wurde ich noch überredet, eine mexikanische Biersorte zu probieren, die roch (und schmeckte) wie abgestandenes Bier gemischt mit Tomatensaft und ein bisschen Zigarettenasche (und genau so wird sie wahrscheinlich auch hergestellt – also ohne die Asche). Alles in allem war es aber ein sehr schöner Abend, an dem ich viele nette Leute getroffen und ein bisschen geübt habe, Spanisch trotz „betrunkenem Akzent“ und Hintergrundgeräuschen (Musik, schreiende Kinder, andere Gespräche, die Katze) zu verstehen (oder manchmal zu nicken und zu lächeln – und zu hoffen, dass es keine Frage war.)
Heute früh bin ich dann von meinem Hotel ins CIMATEL umgezogen, was ein bisschen einfacher, aber trotz allem sehr gut ausgestattet und wirklich direkt neben der Uni ist (das heißt aber gleichzeitig weit weg von allem anderen). Anschließend bin ich nochmal ins Sprachenzentrum der Universidad de Guanajuato gefahren, wo ich meinen Einstufungstest in Spanisch mit 600/600 Punkten bestanden habe und deswegen in die höchste Gruppe eingestuft wurde (haha, der war gut).
Danach bin ich ins CIMAT gefahren, wo ich mich endlich für meine beiden Kurse einschreiben und den ganzen Papierkram abschließen konnte. Anschließend war ich mit Eugenio, meinem baldigen Mitbewohner Diosel und Rodrigo beim Mittag essen, wo wir gemeinsam geübt haben, „Schweinsteiger“ und „Schuhmacher“ auszusprechen (sagen wir, die Schüler waren stets bemüht :D).
Anschließend habe ich den Nachmittag mit den anderen im cubículo verbracht, wobei ich mein erstes mexikanisches Regenzeit-Gewitter erlebt habe (inklusive Platzregen, Blitz, Donner und Hagel - holla die Waldfee!). Beim Ankommen im CIMATEL musste ich aber leider feststellen, dass dank des Gewitters hier weder Licht noch Warmwasser oder WiFi funktionierten und habe so erstmal eine eiskalte Dusche „genossen“. Glücklicherweise hat sich das aber jetzt gelöst .
Morgen gehen wir ein Bett für mein Zimmer (ab Montag) kaufen, und da Tulio sich heute spontan doch entschieden hat, dieses Semester hier zu bleiben, werden wir die Wohnung ab September wohl zu dritt teilen (aber der Chihuahua bleibt leider trotzdem nicht ).
Ich bin mal sehr gespannt, was das Wochenende so bringt – heute Abend sind wir bei Adolpho, einem sehr netten Kenianer aus der Uni, der sich bisher vor allem durch Trinkfestigkeit und versaute Witze auszeichnet, auf „ein paar Bier“ eingeladen.
Hasta luego!
aceofspades am 08. August 15
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Die erste Woche - ich habe eine Wohnung!
Die Einschreibungswoche ist fast vorbei und folgendes ist bisher passiert:
- ich war mittlerweile beim Blut abnehmen und beim Gesundheitscheck im Cruz Roja (die Leute waren sehr nett, das Labor schien sauber und der Organhändler meines Vertrauens hat sich auch noch nicht gemeldet). Der Check bestand übrigens daraus, dass ich gefragt wurde, ob ich krank bin, einmal abgetastet, mit Stethoskop abgehört, gemessen und gewogen (mit so einer antiken Schiebewaage, die nach meinem Ergebnis hoffentlich falsch geht!) wurde und einen kleinen Sehtest (mit Brille) machen musste.
- habe ein mexikanisches Handy (wer die Nummer haben möchte, bitte kurz am deutschen Handy oder per Facebook Bescheid sagen) mit Kamera, also gibt es bald endlich Fotos!
- meine Kurse an der Uni sind so gut wie ausgesucht („Teoría de Riesgos“ (Risikotheorie) und „Modelos Estocásticos en Finanzas“ (Stochastische Modelle für Finanzen)), wobei mein Tutor im Moment noch auf Reisen ist und die Kurswahl deswegen noch nicht absegnen konnte
- ich habe meine erste Taxifahrt (alleine) überstanden, der Taxifahrer war sogar total nett und hat mir trotz meines „cara de gringa“ (Gringa-Gesicht) nicht mehr als normal berechnet :D (kurz zur Erklärung: Als „gringos“ werden normalerweise nur rein englisch sprechende US-Amerikaner (abfällig) bezeichnet aber mit meiner Hautfarbe gehe ich natürlich sofort als gringa durch, und auch nachdem ich auf Spanisch erklären kann dass ich aus Europa komme, habe ich als „weiße“ Frau normalerweise nicht gerade den höchsten Stellenwert in Sachen Respekt). Bisher waren aber alle total nett und ich habe noch keine schlechten Erfahrungen gemacht, aber es ist schon erstaunlich, wie sehr man als „Weiße“ auffällt (vor allem Babys sind immer völlig fasziniert, ich glaube die denken ich bin in Bleichmittel gefallen oder so :D).
- ICH HABE EINE WOHNUNG :):):): Nachdem ich zunächst total begeistert von der letzten Besichtigung war (ein Luxushaus einer älteren Dame, die wohl seit ihre Kinder aus dem Haus sind deren Zimmer vermietet) und dort schon zugesagt hatte, habe ich über einen Freund aus der Uni erfahren, dass die gute Vermieterin wohl ein bisschen „loca“ ist (es gibt wohl einen festen Plan für Küchenbenutzungs- und Ausgangszeiten und auch sonst sehr viele Regeln, an denen sich die NSA in Sachen Totalüberwachung noch ein Beispiel nehmen könnte) und mich deswegen doch für die Wohnung der ersten Besichtigung entschieden. Ich werde also in einer 2er-WG mit Diosel, einem sehr netten Mexikaner, den ich schon aus der Uni ein bisschen kenne, in so einer Art Häuserkomplex hauptsächlich für Studenten wohnen. Das Beste daran ist, dass außer meinem Mitbewohner noch einige andere Freunde ganz in der Nähe wohnen und ich so immer Ansprechpartner und Vom-Weggehen-Nachhause-Begleiter haben werde :) und dass eine Bushaltestelle (sogar mit Schild) direkt vor der Wohnung ist. Ich bin zwar ein bisschen traurig, dass ich den Wach-Chihuahua nicht behalten darf aber dafür richten Diosel und Tulio (dessen Zimmer ich dann bekomme) heute extra noch einen Internet-Vertrag ein, damit wäre auch dieses Problem gelöst!
Am Wochenende muss ich wohl das erste Mal als Versuchskaninchen herhalten, wie viel mexikanisches Bier (gemischt mit Tequila und Mezcal) man als Deutscher so verträgt und am Montag geht dann auch schon die Uni los und es gibt Fotos (versprochen :D)!
Hasta luego!
aceofspades am 06. August 15
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