Dienstag, 22. September 2015
Mexico City Parte 2 – desfile, Paseo de la Reforma, Chapultepec
Am Mittwoch standen wir also direkt früh auf (haha – das war zumindest unsere Absicht), um in die Stadt zu fahren, wo ab 11 Uhr wegen des Unabhängigkeitstags ein desfile, eine Militärparade, stattfand (da es so etwas in Deutschland ja so gut wie nicht gibt, fand ich den Gedanken zunächst etwas befremdlich). Dabei versammelt sich so gut wie das gesamte mexikanische Militär in der Stadt und zieht in einem feierlichen Umzug vom Palacio Nacional den Paseo de la Reforma entlang bis zum Castillo de Chapultepec. Wir sind dazu mit der U-Bahn bis zum Palacio de Bellas Artes, der ziemlich am Anfang der Strecke der Parade liegt, gefahren und dann solange in Richtung Chapultepec gelaufen, bis wir einen Platz gefunden hatten, an dem man einen einigermaßen guten Blick auf das Geschehen hatte (zumindest bis die Umstehenden angefangen haben, sich auf Hocker zu stellen und Kinder auf ihre Schultern zu heben – zum Glück bin ich deutlich größer als der Durchschnittsmexikaner). Das Gedränge war erwartungsgemäß groß, mit flaggenschwingenden Menschenmassen, schreienden Straßenstandverkäufern (Essen, Getränke, Souvenirs, Sonnenschirme, Hocker und Bananenkisten (zum Draufstellen :D), Ferngläser und so Sehrohre wie bei einem U-Boot :D) und zahlreichen Ordnern und Polizisten, die damit beschäftigt waren, den geregelten Ablauf des Ganzen sicherzustellen.
Zuerst kamen die Hubschrauber in Sicht, die in ziemlich beeindruckender Formation während der ganzen Parade über der Stadt kreisten. Danach begann dann die Parade der gefühlt gesamten mexikanischen Armee, was schon interessant anzusehen war, besonders die unterschiedlichen Uniformen der verschiedenen Divisionen und die enorme Anzahl an Frauen im Militär, die mich total überrascht hat.
Wir haben uns nicht die gesamte Parade angesehen, da wir am Morgen weder etwas gegessen noch getrunken hatten und mein Kreislauf nach einer Stunde in der Sonne und in der Menschenmenge stehend dann doch entschieden nach einem Starbucks-Besuch verlangt hat.
Als wir das Café wieder verließen, war die Menschenmenge gerade dabei, sich aufzulösen, sodass wir unseren Spaziergang am Paseo de la Reforma entlang in Richtung Chapultepec deutlich entspannter fortsetzen konnten. Dabei kamen wir an einigen interessanten Punkten vorbei, unter anderem am ehemaligen Finanzzentrum der Stadt mit den riesigen Bankgebäuden oder am Angel de la Independencía.
Nach einem Zwischenstopp im Einkaufszentrum Reforma 222 kamen wir schließlich in Chapultepec an, das ist ein Wald gefühlt von der Größe Münchens mitten im Stadtzentrum, der unter anderem einen Zoo und das einzige Schloss in Lateinamerika, in dem jemals ein Kaiser residiert hat, beherbergt. Da es schon relativ spät am Nachmittag war, beschlossen wir, den Schlossbesuch auf einen anderen Tag zu verschieben und fuhren stattdessen mit der U-Bahn in den Stadtteil Coyoacan, um uns mit Diosels Bruder Miguel, der in Mexiko City lebt, auf einen Kaffee (in der hier sehr beliebten und viel vertretenen Kette Café Jarocho) zu treffen und dort den Tag ausklingen zu lassen.
Auf dem Weg dorthin sind wir dann das erste Mal in der wirklichen Rush-Hour U-Bahn gefahren und ihr könnt euch sicher vorstellen, wie angenehm das war. An der Station, an der wir umgestiegen sind, kam es dann noch zu einem ziemlich heftigen Streit zwischen Fahrgästen auf dem Bahnsteig, was einer sich anbrüllenden und schubsenden Gruppe auf dem proppenvollen Bahnsteig, einer noch volleren U-Bahn, die nicht ausfahren kann und deswegen den Tunnel blockiert und einem herbeieilenden Schwarm Polizisten entsprach (ich war wirklich SEHR froh, dass wir schon auf dem Weg aus der Station waren).
Ansonsten verlief aber alles problemlos und das Viertel Coyoacan hat mir wirklich super gefallen (und ist auch relativ sicher) mit vielen jungen Leuten, Straßencafés und Restaurants und auch sonst einem sehr angenehmen Ambiente.
Das war auch schon der erste Tag mit ein paar Eindrücken dieser RIESIGEN Stadt, die sowohl ihre schönen als auch weniger schönen Ecken hat – bald mehr dazu!
Hasta luego!

Mein erster Eindruck: Bellas Artes


Die Parade




Ein paar Eindrücke den Paseo de la Reforma entlang



Glorieta de la Palma


Ehemaliger Finanzdistrikt



Glorieta de la Diana


Angel de la Independencía


Reforma 222



Bosque de Chapultepec




Montag, 21. September 2015
Mexiko City Parte 1 – Anreise und el grito
Hallo ihr Lieben - ja, ich lebe noch.
Die letzte Zeit kamen nicht so viele Blog-Einträge weil ich
1.) in der Uni etwas eingespannt bin,
2.) Guanajuato an sich wirklich nicht so groß und/oder spannend ist, dass dort ständig etwas neues passieren würde und wir
3.) letzte Woche von Dienstag bis Sonntag in Mexiko City einfach von morgens bis abends unterwegs waren.
Von daher wird es jetzt erst einmal ein paar Einträge darüber geben – los geht’s.
Am Dienstag sind wir also nachmittags mit dem Bus von Guanajuato nach Mexiko City (hier wird sich darauf meistens mit D.F. = Distrito Federal bezogen) gefahren. Ich hatte ja im Vorfeld gehört dass das Überlandbussystem in Mexiko super ausgebaut ist, mit sicheren, gut ausgestatteten Bussen, die pünktlich und zuverlässig mindestens jede Stunde von jedem größeren Ort zu jedem anderen fahren und was soll ich sagen – genau so ist es auch. Man fährt zum Busterminal, der eher wie ein Flughafen aussieht, bekommt relativ günstig sein Ticket mit Namen und Sitzplatz (Guanajuato – Mexiko City ist eine Fahrt von ca. 4,5 Stunden und kostet $525 = 30€), vor dem Einsteigen eine Tüte mit Sandwich, Schokoriegel und Getränk. Im Bus kann man seinen Sitz fast bis zu einer Liege umklappen, auf einem Bildschirm Filme gucken und der Fahrstil ist für mexikanische Verhältnisse echt mehr als angenehm (und das sagt Frau Mir-wird-normal-schon-schlecht-bevor-der-Bus-überhaupt-losfährt).
Im Vorfeld hatte ich ja schon einiges über Mexiko City gehört, das meiste ging milde ausgedrückt in die Richtung einer Kombination aus Sin City und dem Vorhof zur Hölle.
Daher war ich bei der Ankunft (draußen war es schon stockdunkel) am Busbahnhof Terminal del Norte, der sich nicht gerade im Vorzeigeviertel befindet, damit beschäftigt, schweißgebadet meine Habseligkeiten festzukrallen und wollte gerade anfangen, panisch in meine Sandwich-Tüte zu atmen, als Diosel, der schon einige Jahre in der Stadt gelebt und daher eine etwas realistischere Einschätzung hat, mich mit wiederholtem „Cheer up!“ und „Calm down!“ (so viel Englisch haben wir schon gelernt :D) einigermaßen beruhigt hat.
Er kennt nebenbei zum Glück auch das gesamte U-Bahn-Netz der Stadt auswendig, sodass wir vom Busbahnhof problemlos mit Metro und Tren Ligero (einer Art überirdischen U-Bahn) zur richtigen Station gekommen sind, wo uns Armando (der Schwiegervater von Jesús, meinem Tandempartner aus München, in dessen Wohnung wir netterweise bleiben durften – an dieser Stelle noch einmal TAUSEND DANK) mit dem Auto abgeholt und uns zu einem Familienessen mitgenommen hat.
Eine paar Bemerkungen dazu:
+) das öffentliche Verkehrsnetz ist sehr gut ausgebaut, mit Metros, Metrobussen, Bussen und günstigen Taxis, die alle wirklich alle 2 Minuten fahren und einen relativ schnell von A nach B bringen.
+) es gibt an allen Bahnhöfen und in allen Zügen extra Abschnitte nur für Frauen und Kinder (die habe ich nicht benutzt, da Diosel ja da nicht rein darf).
-) Mexiko City ist eine unglaublich große Stadt, so dass die Distanzen schnell unüberschaubar werden und von den 20 Millionen Einwohnern befinden sich gefühlt 10 Millionen konstant in der U-Bahn (man denke einfach an eine U6 nach Fröttmaning vor dem Champions-League-Finale in der Allianz Arena und schon hat man eine Durchschnitts-U-Bahn hier).
-) Im Bus ist das Gedränge noch etwas schlimmer, zum einen weil der Fahrstil nicht wirklich an stehende Fahrgäste angepasst ist (irgendwann ist der Bus aber einfach so voll, dass man gar nicht mehr umfallen KANN) und manchmal geschlossene Bustüren bei 60 km/h auf einem dreispurigen Ring (etwa wie der mittlere Ring) ja nur den Durchzug stören würden und deshalb für überbewertet befunden werden.

Auf jeden Fall sind wir schließlich im Haus von Armandos Familie (und Familie heißt in Lateinamerika in diesem Fall ca. 25 Leute) im Süden der Stadt angekommen, wo wir total freundlich von allen empfangen und direkt mit sehr leckerem Essen überhäuft wurden.
Zur Erklärung: Der 15. September (bzw. hier auch der 16.) ist in Mexiko mit der höchste Feiertag des Jahres, am dem der Beginn des Unabhängigkeitskrieges gefeiert wird. Dazu gibt es am Abend traditionell ein Familienessen mit Pozole (haben wir auch eine sehr leckere Version bekommen, mit quesadillas und tacos), dazu lief im Fernsehen ein Konzert mit klassischer mexikanischer Musik (ein Teil der Familie war dazu stets um den Fernseher versammelt und hat mitgesungen) und um ca. 11 Uhr wurde el grito live übertragen. Das ist eine Art feierliche Zeremonie, bei der der Präsident (aktuell Enrique Peña Nieto) auf dem Balkon des Palacio Nacional unter anderem die Flagge schwenkt und zusammen mit der am Zócalo versammelten Menge die Anführer der Unabhängigkeitsbewegung ausruft und die Nationalhymne singt (an dieser Stelle erhob sich die gesamte Familie im Wohnzimmer, um inbrünstig mitzusingen – ich habe versucht, möglichst unauffällig nicht den Blick auf den Fernseher zu verstellen). Der Name el grito (der Ruf) ist an den Grito de Dolores angelehnt, mit dem der Geschichte nach Miguel Hidalgo am Morgen des 16. September 1810 eben in Dolores die Mexikaner zu den Waffen gerufen hat, um für die Unabhängigkeit zu kämpfen. Heute befindet sich der Ort Dolores Hidalgo übrigens ganz in der Nähe von Guanajuato, sodass ein Ausflug dorthin bestimmt noch folgen wird.

Danach sind wir ziemlich bald im Auto mit Armando und seiner Frau zur Wohnung gefahren und sind direkt todmüde ins Bett gefallen, um uns von der Reise zu erholen und ausgeruht in den nächsten Tag zu starten.
Morgen (versprochen :D) gibt es die Fortsetzung und Fotos (wenn ich es geschafft habe, die gefühlt 7000 Stück auseinander zu sortieren).
Hasta luego!



Samstag, 5. September 2015
Ausflug nach San Miguel de Allende und Pechsträhne
Nachdem ich die Uni-Woche ziemlich krank verbracht habe (Erkältung und sonstiges), haben Diosel, Octavio (ein Freund von ihm, der ein Auto hat) und ich gestern einen Ausflug nach San Miguel de Allende gemacht. Nachdem mein erster Besuch dieses Touristenstädtchens in der Nähe (ca. 1 Stunde Autofahrt) ja eher unerfreulich verlaufen ist (das war die Sache mit der Immigrationsbehörde), sollte diesmal alles besser laufen und ich auch etwas vom sehr sehenswerten Zentrum mitbekommen. Der Plan war, dass Octavio Diosel und mich im Zentrum absetzen und uns einige Tipps zu Sehenswürdigkeiten geben würde, sodass wir uns einen entspannten Nachmittag machen konnten, während er jemanden im Krankenhaus in der Nähe besuchen wollte und wir anschließend zusammen mit ihm Abendessen gehen würden. Die Umsetzung sah so aus, dass wir beinahe alle zusammen in besagtem Krankenhaus gelandet wären, da wir auf dem Hinweg auf der Landstraße gleich einmal einen kleinen Autounfall hatten (ENTWARNUNG: wir sind alle unverletzt geblieben). Ich will jetzt nicht auf die genaue Situation eingehen, aber meiner Meinung nach traf uns keine Schuld und dem Unfallgegner gehörte nach dieser Aktion der Führerschein abgenommen (da es sich dabei um zwei stämmige ältere Mexikaner handelte, die sofort mit den Jungs zu streiten angefangen haben, habe ich darauf verzichtet, diese Meinung lautstark zu teilen). Nach einiger Diskussion sind wir schließlich alle unserer Wege gefahren (wir hatten den deutlich geringeren Schaden am Auto) und ich war sehr froh, als wir schließlich in San Miguel angekommen sind.
Das Städtchen selbst war wirklich sehr sehenswert, mit unzähligen kleinen Gassen mit alten bunten Häusern, der Kathedrale und dem sehr schön gestalteten Vorplatz, dem Kulturzentrum, das früher glaube ich ein Klostergebäude war und heute als eine Mischung aus Kunstgalerie und Tanz-/Musikschule dient und den vielen kleinen mexikanischen Restaurants, Geschäften und Kunstgalerien.
Zufällig haben wir im Zentrum ein befreundetes Paar getroffen (Diosel kennt die beiden aus dem Bachelorstudium und ich habe mit dem Mann einen meiner Kurse hier zusammen), mit denen wir in einem sehr traditionellen mexikanischen Restaurant zum Essen gegangen sind (All-you-can-eat-Buffett mit verschiedenen Suppen, Bozole, Pasta, warmen und kalten Fleischgerichten, Salaten und Obst für $80 = 4,70€). Anschließend sind wir noch ein bisschen durchs Zentrum geschlendert, wo wir uns am Abend die so genannten „estudiantinas“, eine Art Straßenzüge aus Musikern und Schaustellern mit Mariachis, angeschaut haben. Anschließend sind wir noch einen Cappuccino trinken gegangen und haben uns dann auf den Heimweg gemacht.
Auch dieser ist leider nicht ganz ohne Zwischenfall verlaufen: da sich hier sonst niemand an Geschwindigkeitsbeschränkungen halten würde, gibt es auf der Straße (besonders im Ort) kleine Hindernisse in Form von einer Art Wellen, die die Fahrer zwingen, langsam zu fahren. Leider sind diese nicht alle mit Schildern und/oder farbig gekennzeichnet, so dass wir aufgrund von Dunkelheit und Regen einen einfach übersehen haben und mit relativ hoher Geschwindigkeit drübergefahren sind (sehr sehr unangenehm, aber zum Glück wieder niemandem etwas passiert).
Nachtrag: Ich bin übrigens am Donnerstag das erste Mal hier selbst Auto gefahren und habe manchmal das Gefühl dass die Verkehrsregeln aus einer Mischung aus dem Gesetz des Stärkeren und dem Gesetz von „Ich-habe-lauter/zuerst-gehupt“ bestehen.
Als wir schließlich zuhause angekommen sind, war ich einfach platt nach dem anstrengenden Tag und wegen meiner Erkältung und bin daher direkt ins Bett.
Leider hat sich Diosel natürlich mit meiner Erkältung (ich korrigiere, einer fast sicher tödlich verlaufenden Männergrippe) angesteckt, so dass wir den Rest des Wochenendes wahrscheinlich schlafend und uns gegenseitig anhustend verbringen werden.
In diesem Sinne –
Haaaaaa(tschi) sta luego!

Ein paar Bilder aus San Miguel:
Das Kulturzentrum





Die Kathedrale und der Vorplatz





Der Namenspatron


Estudiantina





Kurzer Nachtrag: ein echt mexikanisches Gericht, genannt "Carne Tampiquenia"