Hej hej!
Um ein bisschen was für meine Allgemeinbildung zu tun, habe ich mich vor einiger Zeit zum ersten Mal und am Sonntag vor einer Woche zum zweiten Mal auf ins Historiska Museet, also das Museum der schwedischen Geschichte gemacht.
Das Museum ist wirklich riesig (ich habe in guten drei Stunden gerade einmal jeweils die Hälfte geschafft) und kostet keinen Eintritt, also für geschichtsinteressierte Studenten genau richtig – davon gibt es ja viele.
Insgesamt ist das Museum (wie eigentlich alles in Schweden) sehr innovativ gestaltet und hat mit dem vielleicht langweiligen Museumsbesuch mit unendlichen Schaukästen und Schildern erstaunlich wenig gemeinsam – so hat jeder Teil der Ausstellung ihren eigenen Charakter und am Anfang ist auch das Konzept kurz erklärt: Anstatt einfach ausgegrabene Fundstücke und Jahreszahlen anzuhäufen und Fragen der Art „Was haben Menschen vor x Jahren für Kleidung getragen?“, „Welches Geschirr verwendete Gustav Vasa?“ oder „Wie lang war das durchschnittliche Wikingerschienbein?“ zu beantworten, werden eher abstraktere Aspekte wie das Familienleben, die Gefühlswelt oder „Lebensphilosophie“ beleuchtet und Fragen wie „In welcher Art von Gruppen lebten Menschen zusammen – gab es das heutige Modell einer Traditionellen Familie als Idealbild?“, „Wovor hatten die Menschen Angst, was gab ihnen Mut oder Hoffnung, was waren ihre Ziele?“ oder „Welche Rolle und welchen Stellenwert hatten Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen in der Gesellschaft?“. Das klingt jetzt vielleicht alles etwas idealistisch, interessanterweise werden solche Fragestellungen anhand der Ausstellungsstücke mit der richtigen Interpretation tatsächlich aufgeworfen und können teilweise plausibel beantwortet werden.
Konkret ging es im unteren Stockwerk los mit einer Ausstellung zur „Vorzeit“, also den geschichtlichen Wurzeln Schwedens, wobei die Ausstellung wirklich interessant war und ich gleichzeitig an den Schildern etwas Schwedisch üben konnte (ich bin auch unfreiwillig kurzzeitig in eine geführte Tour hineingeraten und war erstaunt, ziemlich viel zu verstehen).
Einige Eindrücke

Ein einmaliges und irgendwie kurioses Fundstück - eine "Elchaxt"
Danach ging es natürlich weiter mit einer riesigen Ausstellung zur Wikingerzeit, wo ich auch viel Interessantes gelernt habe und die wirklich gut gestaltet war.
Im ersten Stock ging es weiter mit einer Ausstellung zum Thema „1000 Jahre Schweden“, wo jedes Jahrhundert von 1000 bis 2000 unter einem großen Rahmenthema betrachtet und die verschiedenen Aspekte der Entwicklung Schwedens in dieser Zeit erläutert wurden.
Im Anschluss gab es noch eine Ausstellung zum „Blutbad“ im Jahre 1361, bei dem in Gotland vor den Toren der Stadt Visby zahlreiche schwedische Bauern von dänischen Eroberern getötet wurden.
Danach hatte ich leider keine Zeit mehr, mir die Ausstellung zum Leben im Mittelalter sowie den Goldrummet anzusehen, habe das bei einem zweiten Besuch nachholen können.
Ein vom Massaker erhaltenes Schild (Team Stark)
Einige Fundstücke von einer geplünderten Farm, darunter das gebrochene Siegel eines getöteten Richters (unten links)
Beim zweiten Besuch ging es also direkt nahtlos weiter mit der Ausstellung zum Leben, der Kunst und Architektur im Mittelalter, in der beispielsweise zwei in einem großen Projekt handgefertigte Kopien von mittelalterlichen Wandteppichen zu sehen waren.
Außerdem gehörte zum Mittelalter-Teil eine kleine „Textilkammer“ und ein etwas größerer Musikraum, in denen wie die Namen schon sagen sämtliche erhaltene Textilien (Wandteppiche, Kleider, etc.) sowie mittelalterliche Kirchenglocken und die älteste Orgel der Welt zu sehen waren. Anschließend konnte man sich in der Barockhalle beim Klang einer klassischen Orchesterprobe direkt selbst von den „Soundeffekten“ mittelalterlicher Kirchen überzeugen.
Mittelalterliche Schachfiguren
Eine Kirchenglocke im "Musikraum"
Die älteste Orgel der Welt
Eine der handgefertigten Kopien mittelalterlicher Wandteppiche
Zu guter Letzt ging es ins Untergeschoss in den „Goldrummet“, in dem hinter riesigen Tresortüren wirklich alles Gold (und Silber) ist, was glänzt – er dreht sich nämlich um die Geschichte, die Verbreitung, den Wert und die Bedeutung von Gold in Schweden im Laufe der Geschichte, was anhand zahlreicher Fund- und Ausgrabungsstücke zu bestaunen ist.
Am Eingang hatte ich mir neben einem Plan des Museums noch zwei weitere Flyer zu den „Museum Highlights“ sowie zu „Hidden Histories“ mitgenommen, die eigenständige kleine Rundgänge beschreiben, die man aber auch einfach sehr gut „nebenbei“ lesen kann, während man an den Exponaten vorbeikommt.
Die „Museum Highlights“ beschreiben 16 der sehenswertesten Objekte des Museums mit den dazugehörigen Geschichten und die „Hidden Histories“ drehen sich um Gedanken und Eindrücke von „LGBTQ-Museumsbesuchern“ zu verschiedenen Exponaten – dadurch wird auch in gewisser Weise das Thema Leben am „Rande der Gesellschaft“ im Laufe der Zeit wieder aufgegriffen. Daher fand ich die Flyer eine gute Ergänzung zum Museumsbesuch und würde jedem empfehlen, sie sich genauer anzusehen.
Hejdå!

Hejhej!
Am letzten Dienstag ging es direkt weiter mit Sight Seeing, konkret machten wir einen Ausflug ins berühmte Vasa-Museum. Dort ist, wie der Name schon andeutet, die Vasa ausgestellt, das berühmte schwedische Kriegsschiff, das 1628 auf seiner Jungfernfahrt noch im Hafen von Stockholm sank. Exakt 333 Jahre später wurde es in einer aufwendigen Bergungsaktion wieder vom Meeresgrund ans Tageslicht gehoben und in einer noch aufwendigeren Prozedur zur Ausstellung vorbereitet (das im Museum zu bestaunende Schiff ist zu 98 Prozent original).
Neben dem Schiff selbst, das im Zentrum des Museums steht und sich über 6 Stockwerke erstreckt, gibt es rundherum zahlreiche kleine Ausstellungen zu verschiedenen Themen anzusehen:
Im Erdgeschoss, das sich auf Höhe des Wasserspiegels befindet, geht es los mit einem Teil zu den Vorbereitung und der Durchführung der Bergung der Vasa vom Meeresgrund (beispielsweise mussten sich Taucher zuvor durch den Meeresboden graben, um Stahlseile unterhalb des Schiffs befestigen zu können). Außerdem gibt es ausführliche Erklärungen zur Symbolik der zahlreichen Skulpturen der Vasa und die Ausstellung „Meanwhile“, die die Vorkommnisse in anderen Teilen der Welt zu Anfang des 17. Jahrhunderts beleuchtet.
Schließlich kann man sich im Auditorium einen Kurzfilm über das Museum ansehen, eine geführte Tour mitmachen und ein voll bemaltes und „beflaggtes“ Modell der Vasa bestaunen.
Ein Stockwerk weiter oben kann man über ein vollständiges Modell der oberen Kanonendecks spazieren und sich so in das Leben eines Seefahrers vor 400 Jahren hineinversetzen. Des Weiteren gibt es eine Ausstellung zur „Kunst“ der Kriegsführung mit Schiffen, die noch ein Stockwerk weiter oben durch einen Teil zum Bau und der Stabilität von Segelschiffen ergänzt wird. Dort kann man auch an einer Simulation seine eigene Vasa bauen und unter verschiedenen Windverhältnissen testen (es brauchte schon einen orkanartigen Sturm, um mein Modell zu versenken :D).
Einen weiteren sehr interessanten Teil des Museums findet man noch im Untergeschoss, also quasi unter Wasser. Dort wird auf biologisch-chemischer Ebene erklärt, welche Prozesse dem Schiff auf dem Grund des Meeres zugesetzt haben und unter welchen Bedingungen es so unglaublich gut erhalten bleiben konnte. Außerdem gibt es den Ausstellungsteil „Von Angesicht zu Angesicht“, wo die Skelette einiger beim Untergang umgekommener Passagiere der Vasa zu sehen und mit sehr interessanten Analysen versehen sind (beispielsweise kann man Schlüsse über die Größe, den Körperbau, die Lebensumstände, die Ernährung, Krankheiten und die Todesursache der Personen ziehen) – ich fand es hochinteressant, aber wem das zu makaber ist, der kann sicher auch die Zeit im riesigen Museumsshop verbringen.
Die Vasa
Die beeindruckenden Skulpturen und Masken
Die Original-Naturfarbstoffe zur Färbung der Skulpturen
Auf dem Kanonendeck
Das Modell
Hejdå!
Hejhej!
Als ich am Montag wieder in Stockholm ankam, erwartete mich wie gesagt schon Luisa aus Deutschland und da wir den Nachmittag bei wunderschönem Wetter nicht ungenutzt lassen wollten, entschieden wir uns, uns die Königlichen Hofställe im Zentrum Stockholms anzusehen (am Ostersonntag und Ostermontag gab es außerplanmäßige Tage der offenen Tür).
Nach einem kurzen eigenständigen Rundgang durch das Areal nahmen wir an einer englischsprachigen, geführten Tour teil. Der Guide (in standesgemäßer Uniform, die ich aber nicht abgelichtet habe, da ich es irgendwie albern und etwas peinlich finde, andere Menschen bei der Arbeit zu fotografieren) zeigte und zunächst eine kleine Auswahl der royalen Kutschen, die größtenteils Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurden, aber bis heute noch sehr regelmäßig zu offiziellen Anlässen genutzt werden (Paraden, Staatsempfänge, Hochzeiten).
Anschließend durften wir uns die zu den Kutschen gehörigen Geschirre ansehen, die alle wirklich blitzeblank geputzt waren und die sowohl zum traditionellen Fahren als auch zum „berittenen Fahren“, bei dem vom Pferderücken aus gelenkt wird, um die Sicht auf die Insassen der Kutsche nicht zu verdecken, verwendet werden können.
Zu guter Letzt ging es zu den Königlichen Pferden, 16 braunen Wallachen, die zwischen 6 und 21 Jahren alt sind und normalerweise 6-jährig in den Hofstall kommen, wo sie sowohl als Reit- als auch als Fahrpferde ausgebildet werden und natürlich ein extra Training für „Großstadtbedingungen“ wie Verkehr, Lärm, schreiende Menschenmassen, Regenschirme, wehende Fahnen etc. bekommen.
Er erklärte uns, dass die Pferde grundsätzlich jeden Tag morgens entweder geritten oder im Gelände (in der Stadt oder auf der östlich an Stockholm angrenzenden Insel Djurgården mit ihren riesigen Wäldern) gefahren werden und auf die Koppel (im großen Innenhof abgesteckte Paddocks) kommen, so dass sie sich am Nachmittag in aller Seelenruhe von neugierigen Besuchern auf geführten Touren antatschen lassen.
Insgesamt ist der Hofstall ein ziemlich großes und für einen Stall sehr sauberes und aufgeräumtes Gebäude, wo man überraschenderweise überhaupt nichts vom umgebenden Großstadtlärm mitbekommt.
Die Reithalle
Hejdå!